Kodikologischer Teil
Bibliothek: | Brüssel, Bibliothèque Royale / Koninklijke Bibliotheek Albert I. |
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Signatur: | ms. 3067-73 (Kat.-Nr. 2362) |
Siglen: | Br1 (Eckhart-Sigle, Quint) |
Titel lt. Katalog: | Iohannes Ruusbroec. Opera. En flamand. |
Provenienz: | Herkunft unbekannt (wohl Brabant; für Teile das Karthäuser-Kloster in Herne/Groenendaal); dann in Brüssel (wohl über den Buchhändler Godevaert de Bloc); schließlich Eigentum von Rooklooster (einige Teile sind wohl auch erst dort entstanden; s. auch Rubrik "Sonstige Vermerke"). |
Provenienz ermittelt durch: | Kwakkel (2002), S. 227; Stooker/ Verbeij, S. 337. |
Vorbesitzer: |
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Alter: | 14. Jh. (1361), 2. Hälfte, 3. Viertel |
Alter ermittelt durch: | Stooker/ Verbeij, S. 338 |
Entstehung: | Die Handschrift besteht aus 12 separat entstandenen Teilen, die vermutlich nahezu alle zunächst einzeln Bestand hatten (der Besitzvermerk auf f. 133v ist ein Relikt aus der frühesten Gebrauchsphase von Teil VI), und dann nachträglich zusammengefügt wurden. Vermutlich haben Teil IX und X jederzeit zusammengebunden bestanden, denn sie wurden durch ein und denselben Kopisten (Hand K) verfertigt und haben dieselben formalen Eigenschaften (der Besitzvermerk auf f. 164r nimmt womöglich Bezug auf diese Zusammenbindung). Dasselbe gilt vielleicht für Teil XI und XII (Kopist ζ). Im Kodex sind zwei umfangreichere Gebrauchseinheiten (gebruikseenheden) einander zuzuweisen. Bis ungefähr 1400 funktionierten die Teile I-V in zusammengebundener Form, wie auch die Teile VI-VIII, denn damals brachte Arnold Cortte (Hand ŋ) hinter beiden Gebrauchseinheiten einen Besitzvermerk an (auf f. 79v und 154v). Die Gebrauchseinheit, die aus Teil I-V bestand, wurde in zusammengebundener Form von Rookloster bezogen von einem früheren Besitzer (vgl. Kwakkel/Mulder (2001), S. 156), und wurde von Arnold Cortte mit der Überschrift quidam sermones versehen. In Anbetracht der Eintragungen von der deutschen Hand a (1350-1375) war der frühere Besitzer, oder einer der früheren Besitzer, in einer deutschen Gemeinschaft wohnhaft. Ob auch die zweite Gebrauchseinheit (Fertigungs-Einheiten (productie-eenhed) VI-VIII) in zusammengebundener Form bezogen wurde, ist nicht sicher. Auch in dieser Gebrauchseinheit wird freilich die deutsche Hand angetroffen, nämlich in Einheit VIII. Offensichtlich stammte zumindest die achte Fertigungs-Einheit, möglicherweise jedoch auch die ganze zweite Gebrauchseinheit von demselben früheren Besitzer (man beachte in diesem Zusammenhang auch Paris Bibliothèque Mazarine 920, Fertigungs-Einheit I und VII). Entstehungsorte sind unter anderem die Region Brüssel (Teile I, IV, V, VI) und Rookloster (XI, XII). Die Zusammenbindung der 12 Teile fand vermutlich in der Periode 1450-1500 statt, nicht eher, da das Kloster erst 1373 gegründet wurde, während eines der Stücke sicher auf 1361 datierbar ist (f. 103v). Außerdem sind die Besitzvermerke auf f. 79v (2) und 164r, die vor dem Zusammenbinden angebracht wurden, noch auf Periode zwischen 1400 und 1450 datierbar. (Vgl. dazu Vreese, S. 639; Stooker/ Verbeij, S. 337; Kwakkel (2002), S. 227.) |
Einträge: | f. 1: Besitzvermerk Dit boec hoort to[e] den broederen van den rooden[ ]cloostere canonc[e] reguliers in zonien (Von Vreese auf den Beginn des 15. Jh.s datiert (vgl. S. 642). Kwakkel (2002) datiert auf ca. 1450 oder 1450-1500 (S. 228).) f. 2r: Betitelung einer Gebraucheinheit quidam sermones (Nachträglich hinzugefügte Überschrift zur Einheit f. 2-14; Kwakkel (2002) vermutet Arnold Cortte als Schreiber (vgl. Abb. 57.) und datiert auf ca. 1400 (S. 228).) f. 79v: Besitzvermerk Dit boec hoert die van roden dale f. 79v: Besitzvermerk [2] Dit boec es der broedere van Sente pauwels in zonien gheheeten te rooden dale (Diese Besitzvermerke befinden sich auf einem ansonsten unbeschriebenen Blatt. Die obere Hand, mit bleicherer Tinte, läßt sich schwer zuordnen und stammt aus dem 15. Jahrhundert (zwischen 1400 und 1450). Die untere Hand läßt sich datieren auf die ersten Jahre des 15. Jahrhunderts, und ist als Hand des Kopisten ŋ (Arnold Cortte) zu unterscheiden (trotz Ähnlichkeit) von der Hand b auf f. 1r; die Formulierung ist jedoch vergleichbar, auch mit denen in Hss. Koninklijke Bibliotheek, Brüssel, nr. 3091, Vorblatt; Bibliothèque de l'Arsenal, Paris, f. 12v und 126v; Bibliothèque Mazarine, Cod. 920, f. 50v, 66, 124v. (Vgl. Vreese, S. 650; Kwakkel (2002), S. 228 sowie Abb. 1.)) f. 103v: Explicit anno domini .M°. c° c° c°. lxi°. / Explicit hic totum, pro pena da michi potum. f. 133v: Besitzvermerk Dit boec hoert (Von Kwakkel (2002) datiert auf 1350 - 1400? (S. 228).) (Vreese bemerkt dazu, daß auf f. 133v ganz unten noch der zwar ausgekratzte, aber dennoch erkennbare Anfang einer Eintragung sichtbar ist: Dit boec hoert. Darunter steht qui seipsum commendat, probatus est. sed quem deus commendat. Das übrige fehlt jedoch. (S. 655)) f. 134v: Daeeer na comt die oefeninghe (Gedächtnisstütze des Schreibers; längs der Buchkante (vgl. Vreese, S. 656).) f. 154v: Besitzvermerk Desen boec es der broedere van sente pauwels in zoninghen gheheeten te roodendale. (Von Kwakkel (2002) dem Schreiber Arnold Cortte (Kopist ŋ) zugeordnet, ca. 1400(S. 228).) f. 164r, oberer Rand: Besitzvermerk [(...) zonien (...)] (Großenteils weggeschnitten, sodaß nur das unterste Stück noch sichtbar ist. Von Kwakkel (2002) datiert auf 1400-1450 (S. 228).) f. 178r: In der rechten oberen Ecke die Ziffer .clxxvj f. 178v: Besitzvermerk Dit boec hoert den roeden cloester toe (Laut Vreese in einer anderen Hand geschrieben als alle anderen bisherigen vergleichbaren Vermerke (S. 662). Von Kwakkel (2002) dem Schreiber π zugeordnet und auf 1400-1450 datiert (S. 228).) f. 179r, Mitte: Besitzvermerk Iste liber pertinet monasterio rubeevallis (Laut Vreese in einer dritten Hand geschrieben, datiert auf den Beginn des 15. Jahrhunderts (S. 662f.). Kwakkel (2002) datiert auf ca. 1450 oder 1450-1500 (S. 228).) Die vorhandenen Besitzvermerke lassen sich verschiedenen Typen zuordnen. Am häufigsten kommt der Besitzvermerk vom Typ Dit boec es der broedere van Sente pauwels in zonien gheheeten te rooden dale (f. 79v.154v) vor. (Diese Formulierung findet sich übrigens, mitunter leicht variiert, 14 Mal in mittelniederländischen Codices aus Rookloster: Antwerpen MPM M 380 (f. 86v); Brüssel KB 2877-78 (f. 166r), KB 2879-80 (f. 101v), KB 2979 (f. 168r), KB 3067-73 (f. 79v + 154v), KB 3091 (f. 1r); Paris BA 8217 (f. 12v + 126v); Paris BM 920 (f. 45v + 61v + 119v + 120r) und Wien ÖNB SN 12.899 (f. 98v) (möglicherweise).) Der Schreiber führt eine gepflegte Kursiva, die auf um 1400 zu datieren ist. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um den Mönch Arnold Cortte, verstorben 1435, der in Rookloster als Bibliothekar tätig war. Er scheint des Lateinischen mächtig gewesen zu sein, da er verantwortlich ist für etwa elf lateinische Besitzvermerke in lateinischen Handschriften. Außerdem versah er einige Gebrauchseinheiten dieser Handschrift mit Überschriften (z. B. f. 2r). (Vgl. Kwakkel (2002), S. 21.23.) (s. auch Rubrik "Hände/Schreiber") |
Schreibsprache: | mittelniederländisch; lateinisch (f. 53v-54r, 117r-117v) |
Schreibsprache ermittelt durch: | Stooker / Verbeij, S. 338 |
Beschreibstoff: | Pergament |
Umfang: | 178 Bll. (beschrieben) + 4 (unbeschrieben) |
Lagen/Foliierung: | Zwölfteilige Gliederung nach Kwakkel (2002), S. 227-233: 1IV+1 [9], 2III-2+1 [14], 3-5IV [38], 6I+I [41], 7IV [49], 8III [55], 9-10IV [71], 11-12II [79], 13-18IV [127], 19III [133], 20IV+1 [142], 21IV [150], 22II [154/158], 23II+1 [163], 24IV [171], 25IV-1+1 [179], 26II-1 [182=dek] Quaterne 2: Verlust der zweiten Hälfte von den äußersten zwei Doppelblättern; f. 1 nicht zur Einheit gehörig, als Schutzblatt bei der Bindung hinzugefügt; f. 13 wurde als Einzelblatt in der Mitte der Quaterne eingefügt. Quaterne 8: über die Breite jeden Blattes läuft eine scharfe Falte. Quaterne 21-22: die Gliederung dieser Fertigungs-Einheit ist nicht mehr mit Sicherheit zu eruieren; die Foliierung beruht auf der Einteilung von Vreese (S. 656). Quaterne 25: Verlust der Hälfte des äußersten Doppelblattes; stattdessen ist ein weißes Blatt (f. 179) angeklebt. |
Blattgröße: | 130 x 90 mm |
Format Schriftraum: | I: 92 x 65 mm II: 99 x 70 mm III: 97 x 70 mm IV: 107 x 70 mm V: 100 x 70 mm VI: 93 x 75 mm VII: 105 x 68 mm VIII: 102-109 x 70 mm IX: 95 x 70 mm X: 95 x 70 mm XI: 110 x 68 mm XII: 110 x 68 mm |
Spalten: | 1 |
Zeilen: | I: 21 II: 18 (außer auf f. 15r: 17; f. 40v-41r: 20; f. 41v: 21) III: 21 (auf f. 42), dann 26, 27, 28, 29, 30 IV: 23 V: 22; ab f. 76v: 21 VI: 16 VII: 28 VIII: 25 IX: 18 X: 18 XI: 22, nach f. 171 23 XII: 23 |
Schriftarten: | Zum I. Konvolut (f. 1-14): - Kursiva, ca. 1400: Titel der Gebrauchseinheit 1 (Teil I-V) (Kopist ŋ) - Textualis, ca. 1350, vielleicht auch 1325-1350: f. 2r-14r (Ferguut-Kopist) - unsaubere Textualis, 1340-1400 (wahrscheinlich 1350-1375), sehr ähnlich zur Hand b von Paris BM 920: einige deutsche Synonyme für mndl. Worte (z. B. "alzesammen" für "alte gadre", "schult" für "scout" auf f. 10r) (Kwakkel 2002, zu Abb. 58) (Hand a) - Hybrida, ca. 1450 od. 1450-1500: Besitzvermerk auf f. 1r (Hand b) Zum II. Konvolut (f. 15-41): - Textualis, deutlich aber nicht immer schön, ca. 1350: Haupttext (f. 15r-41v), Rubrizierungen, wahrscheinlich auch die Initialen, Lombarden und zeilenfüllende Dekoration (f. 24r) (Hand C) Zum III. Konvolut (f. 42-49): - Hand D, Textualis, klein und ziemlich flüssig, ca. 1350 (möglicherweise auch 1325-1350): Haupttext f. 42r-49r, wahrscheinlich auch die Rubrizierungen und Initialen (Hand D) Zum IV. Konvolut (f. 50-55): - Textualis, ca. 1350 (eventuell auch 1325-1350): Haupttext auf f. 50r-55v, einige Korrekturen, Rubrizierungen, wahrscheinlich auch die Initialen (Ferguut-Kopist) - unsaubere Textualis, 1350-1400 (wahrscheinlich zwischen 1350-1375): einige interlineare Übersetzungen für mittelniederländische Begriffe (Hand a) Zum V. Konvolut (f. 56-79): - Kursiva, ca. 1400: Besitzvermerk [2] auf f. 79v (Kopist ŋ) - Textualis, ca. 1350-1375 (in diesem Teil nach ca. 1365, dem vermutlichen Entstehungsdatum des Textes): Haupttext auf f. 56r-79v, Durchstreichungen, Korrekturen und Zusätze, Rubrizierungen, wahrscheinlich auch die Hauptinitiale (Hand E) - Textualis, 1400-1450: Besitzvermerk auf f. 79v (Hand f) Zum VI. Konvolut (f. 80-133): - Textualis (bei Vreese: saubere, sichere Gothische Schrift), 1350-1400 (hier mit einer Jahreszahl versehen: 1361): Haupttext auf f. 80r-133v; das Kolophon Explicit anno domini mccclxi (f. 103v); einige Korrekturen und Ergänzungen (beispielsweise Nota bi den saterdach verstaen wij den sondach ende alle heleghe daghe am unteren Rahnd von f. 83v); Rubrizierungen, möglicherweise auch die Initialen, Lombarden (mit einer vertikalen Linie vom Text getrennt) und zeilenfüllende Verzierungen, die Anmerkung im unteren Bereich von f. 133v, und vermutlich auch der entfernte Besitzvermerk dortselbst (entfernte Textstellen auch auf f. 97r) (Hand G) - Korrekturen durch eine Kursive Hand auf f. 94r Zum VII. Konvolut (f. 134-142): - Textualis (Vreese: sichere regelmäßige, schöne Rotunda), ca. 1350 (möglich auch 1325-1350): Haupttext auf f. 134r-142v, wahrscheinlich auch die Rubrizierungen und der Hinweis dae eer na comt die oefeninghe (f. 142v) (Hand H) - eine Korrektur von anderer Hand auf dem Rand von f. 135v Zum VIII. Konvolut (f. 143-154): - Kursiva, ca. 1400: Besitzvermerk auf f. 154v (Kopist ŋ) - unsaubere Textualis, 1350-1400 (wahrscheinlich 1350-1375): einige Übersetzungen für mittelniederländische Begriffe (z. B. anzebetten für tanebedene (f. 145v, rechterhand), zuo den für toten (f. 143r, unterer Rand)) (Hand a) - Textualis, ca. 1350: Haupttext auf f. 143r-151v, einige Korrekturen und Ergänzungen, Rubrizierungen inkl. der zum Teil weggeschnittenen Rubrik Dit es de glose op den pater noster broeder gheraerts appelmans die lee[...] bi ere w[...] die rijck[...]re heet [...] deet daer sw[aer] penitencie een wou[...] (Hand I) - nachlässige Textualis, wahrscheinlich ca. 1350: Haupttext auf f. 151v-154v (ohne die Rubriken) (Hand J) - unsaubere Textualis, ca. 1400: sechs Zeilen Haupttext auf f. 154v (über den halb abgeschliffenen ursprünglichen Text) (Hand k - oder womöglich Kopist ŋ (Arnold Cortte)?) Zum IX. Konvolut (f. 155-158): - Textualis, 1350-1400: Haupttext auf f. 155r-158v, wahrscheinlich auch die Initialen (Hand K) Zum X. Konvolut (f. 159-163): - Textualis, 1350-1400: Haupttext auf f. 159r-163v, wahrscheinlich auch die Rubrizierungen inkl. Initiale und Lombarden (Hand K) Zum XI. Konvolut (f. 164-171): - Textualis, ca. 1400: Haupttext auf f. 164r-171v, Ergänzungen und Korrekturen, Rubrizierungen inkl. Initiale und Überschrift (Kopist ζ) - unsaubere Kursiva, 1400-1450: Besitzvermerk auf f. 164r (Hand l) Zum XII. Konvolut (f. 172-182): - Textualis (Vreese: eckige Gothische Schrift, schwarze Tinte, schwarze Majuskeln rot durchstrichen), ca. 1400: Haupttext auf f. 172r-178v, Ergänzungen und Korrekturen, Rubrizierungen inkl. Initiale und Überschrift (Kopist ζ) - der Duktus auf f. 176r-177r weicht allerdingst davon ab: runde Schrift, rötliche Tinte, eine rote Majuskel - unsaubere Kursiva, 1400-1450: Besitzvermerk auf f. 178v (Kopist π) - Foliierung auf dem letzten Textblatt (Hand m) - Textualis, ca. 1450 oder 1450-1500: Besitzvermerk auf f. 179r (Hand n) (Vgl. dazu jeweils Handschriftenbeschreibungen bei Vreese, S. 639-663 und Kwakkel (2002), S. 228-233; dazu Kwakkel/Mulder (2001), S. 155.173.229) |
Hände/Schreiber: |
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Buchschmuck: | f. 80r: Initiale mit Rankenwerk, eingezeichnete Gesichter, mit länglichen Blattmotiven (ähnliche Gesichter und Blattformen finden sich auch in Brüssel KB 1870 (z. B. f. 4r, 5v, 9r, 10v, 11r, 12r, 23v, 112v), CMD Belgique 1 (pl. 134a); die Blattmotive sind außerdem verwandt mit denen in Brüssel KB 19295-97 (f. 3r, 112r)) |
Einband: | "Demi-reliure moderne; dos en maroquin rouge; au dos, ce titre doré: Recueil ascétique, XIVe siècle, avec le chiffre couronné de Léopold Ier" (Gheyn, S. 436) [moderner Halb-Einband; Rücken in rotem Saffian; auf dem Rücken in Gold: "Asketische Schriften, 14. Jahrhundert", mit den gekrönten Initialen von Leopold I.] (vgl. auch Vreese, S. 663). Die Neubindung erfolgte im Zeitraum 1450-1500, der Einband stammt aus dem 19. Jahrhundert. |
Sonstige Vermerke: | Roter Stempel R. F. der Bibliothèque nationale de Paris, auf f. 2 u. 178v (Gheyn, S. 436). Zeitliche und geographische Einordnung der Einzelteile: I (1-14): um 1340 (Vreese, S. 639); um 1350, in Brüssel oder Umgebung (Kwakkel (2002), S. 228-229) II (15-41): Mitte des 14. Jh.s (Vreese, S. 642, 646); um 1350, Anfertigungssort unbekannt, die Sprache des Kopisten ist die Brabants (Kwakkel (2002), S. 229) III (42-49): ca. 1350, Anfertigungsort unbekannt, Brabant als Kopistensprache (Kwakkel (2002), S. 229.230) IV (50-55): "werd geschreven tezelfder tijd als het eerste" (Vreese, S. 647); ca. 1350, vermutlicht in Brüssel oder Umgebung angefertigt (Kwakkel (2002), S. 230) V (56-79): Mitte des 14. Jh.s (Vreese, S. 650); 1350-1375 (aber nach ca. 1365), möglicherweise angefertigt in der Umgebung von Brüssel (Kwakkel (2002), S. 230) VI (80-133): 1361 (Vreese, S. 650); 1361, in Anbetracht der Ähnlichkeit mit dem Rankwerk in Brüssel KB 1870 und 19295-97 und in Anbetracht der Lokalisierung dieser Handschriften (in der Nähe von Brüssel) ist es wahrscheinlich, daß dieser Teil in oder rund um Brüssel entstanden ist (Kwakkel (2002), S. 231) Bl. 80r-103v sicher 1361 (vgl. Bl. 103v), die übrigen Teile des Sammelbandes um 1361 (Stooker/ Verbeij, S. 338). VII (134-142): "in t'midden der 14de eeuw" (Vreese, S. 656); ca. 1350, Anfertigungsort unbekannt, Brabant als Kopistensprache (Kwakkel (2002), S. 232) VIII (143-154): "geschreven in het midden der 14de eeuw" (Vreese, S. 656); ca. 1350, Anfertigungsort unbekannt, Brabant als Kopistensprache (Kwakkel (2002), S. 232) In der Unterteilung nach De Vreese: IX (155-163): "geschreven in de tweede helft der 14de eeuw" (Vreese, S. 659) X (164-178): "geschreven in de tweede helft der 14de eeuw" (Vreese, S. 661) In der Unterteilung nach Kwakkel (2002): IX (155-158): 1350-1400, Anfertigungsort unbekannt, Brabant als Kopistensprache (Kwakkel (2002), S. 232ff) X (159-163): 1350-1400, Anfertigungsort unbekannt, Brabant als Kopistensprache (Kwakkel (2002), S. 233) XI (164-171): ca. 1400, verfertigt in Rookloster durch einen lokalen Schreiber (Kwakkel (2002), S. 233) XII (172-182): ca. 1400, verfertigt in Rookloster durch einen lokalen Schreiber (Kwakkel (2002), S. 233) Alle Handschriftenteile, die vor um 1374 zu datieren sind, sind vermutlich nicht im Priorat entstanden. Nicht ursprünglich aus Rookloster stammen demgemäß die Teile I-IV (um 1350), V (zwischen 1350 und 1375), VI (sicher 1361), VII-VIII (um 1350). Die Teile IX und X (zwischen 1350 und 1400) stammen möglicherweise von lokaler Hand, was die Datierung nahelegt. Die Teile XI und XII (um 1400) stammen sicher von lokaler Hand. (Vgl. Kwakkel (2002), S. 42.) Aus den aufgeführten Erkenntnissen lässt sich ermessen, wie aktiv das lokale Mittelniederländische Skriptorium bis einschließlich ins frühe 15. Jahrhundert ungefähr gewesen ist. Höchstens 10 von erhaltenen 39 Einheiten wurden von den Einwohnern Rooklosters selbst kopiert. Dabei lässt sich eine starke Variabilität des Umfangs bei den kopierten Stücken feststellen: zwischen 4 (Brüssel 3067-73, IX) und 226 (Brüssel KB 3091) Blatt. Die Einheiten, die sicher in Rookloster verfertigt worden sind, umfassen zusammen 33 Blatt (= 2% der gesamten 1561 Blatt). Die Einheiten, die möglicherweise innerhalb der Mauern entstanden, stellen 126 Blatt (= 8%). Das heißt, daß höchstens 10% des gesamten, imposanten mittelniederländischen Bibliotheksbestandes durch die Einwohner Rooklosters selbst hergestellt wurden (1402 von 1561 Blättern wurden außerhalb der Mauern beschrieben). Die Abschriften wurden vermutlich von befreundeten Gemeinschaften, Gönnern oder Förderern oder eintretenden Mönchen zugetragen; oder am kommerziellen Buchmarkt erworben. Vermutlich waren vor allem Berufsschreiber und Buchhändler von großem Einfluß auf die Ausbreitung der Buchkollektion, obwohl schwerlich zu zeigen ist, welche von den aufbewahrten Schriften durch derlei Handwerker geliefert wurden. (Die Forschung zum Ferguut-Kopisten zeigt, daß in der Stadt Brüssel der Handel mit geistlicher Prosa bereits um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Gang war. Die unterschiedlichen Inhalte illustrieren, daß ein Berufsschreiber verschiedene Texttypen kopierte (epische wie mystische), während das stark wechselnde Aussehen der Abschriften aufzeigt, daß die Kundschaft wahrscheinlich festlegte, wie eine Abschrift auszusehen hatte: groß oder klein, illustriert oder schlicht ausgeführt (vgl. Kwakkel (2002), S. 174).) Nur bei Brüssel KB 3067-73 gibt es wenige Teile, bei denen bekannt ist, daß sie durch einen Berufsschreiber aus der Umgebung von Brüssel hergestellt worden sind (Teil I und IV). 1383 wurde eine Buchkollektion beim Brüssler Buchhändler Godevaert de Bloc vom Kloster erworben; darin wird sicherlich ein Teil kommerzieller Produkte enthalten gewesen sein. (Bloc und sein Kollege hatten ein "Zulieferer-Netz" von Berufsschreibern, Illustratoren und Schreiber-Mönchen der Karthäuser von Herne; vgl. Kwakkel (2002), S. 175.) Allerdings muß man bedenken: ohne Zweifel wird ein Teil der lokalen Produktion verloren gegangen sein. Es läuft darauf hinaus, daß an diesem Ort kein pulsierendes Skriptorium vorhanden war, wo in großem Maßstab volkssprachige Codices hergestellt worden wären, zumindest nicht im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert. (Vgl. Kwakkel (2002), S. 44f.) Die Ermittlung der Herkunft jener Bücher bzw. Handschriftentexte, die nicht aus Herne stammten, aber vermutlich auch nicht in Rookloster entstanden sind (z. B. die Teile I-X dieser Hs), gestaltet sich schwierig, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit an verschiedenen Orten entstanden. Dies ist unter anderem Folge der Übernahme von Godevaert de Blocs Bücherei durch die "Regulieren" von Rookloster, womit vermutlich in jedem Fall ein Teil der Werke aus dieser zweiten Kategorie hereingeholt wurden. Die Sammlung des Buchhändlers enthielt wahrscheinlich eine große Anzahl von "gebrauchten" Büchern aus zweiter Hand, und diese können selbstverständlich aus unterschiedlichster Herkunft stammen. Dies erklärt, warum aus Rookloster eine so "bunte", abwechslungsreiche Sammlung alter lateinischer und mittelniederländischer Handschriften überliefert ist. (Vgl. Kwakkel (2002), S. 184.) Zu den deutsche Beziehungen: Ungewöhnlich oft verfügte Rookloster über verschiedene Bücher, die aus einer deutschen Gemeinschaft stammten. 5 "Productie-eenheden" in der rekonstruierten Bibliothek von ca. 1400 enthalten deutschsprachige Vermerke bzw. Eintragungen, datierbar auf die Periode 1350-1375: Brüssel KB 3067-73, Pruktions-Einheiten I, IV und VIII, und Paris BM 920, Produkt-Einheit I und VII. Die drei Brüssler und die erste Einheit von Hs 920 enthalten hochdeutsche Äquivalente zu mittelniederländischen Worten, die zwischen den Zeilen notiert sind. Vermutlich wurden die Wörter durch deutsche Leser angebracht, die den mittelniederländischen Text in großen Linien begriffen, aber Probleme hatten mit bestimmten Wörtern oder mit Dialektformen. Obwohl nicht ermittelbar ist, um welche Gemeinschaft es sich handeln könnte, ist dies dennoch eine gute Erklärung für die Anwesenheit von deutschen Händen in den oben genannten Fertigungseinheiten. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts hatte sich zwischen dem deutschen und niederländischen Sprachgebiet eine Art literarische Infrastruktur gebildet, wodurch volkssprachliche geistliche Prosatexte (meistens Texte mystischer Art) ausgetauscht wurden. Wichtige Zentren auf deutscher Seite waren Köln, Straßburg und Basel. Das Zentrum am anderen Rand des Sprachgebiets war Brüssel. Dorthin kamen die Texte aus dem deutschen Sprachgebiet, unter anderem über Kontakte mit den sogenannten "godsvrienden"; außerdem wurde von Brüssel aus mittelniederländische geistliche Prosa nach Basel und Straßburg verschickt (darunter auch Werke von Ruusbroec). Verschiedene Texte in den obengenannten Fertigungseinheiten haben Gegenstücke in zeitgenössischen deutschen Handschriften. Es ist auffallend, wie frühe Abschriften die Rookloster-Sammlung von Werken aus dem deutschen Sprachraum enthält, darunter eben jene Abschriften von Eckhart-Predigten in KB 3067-73 oder die Übersetzung von Seuses "Horologium Sapientiae" (entstanden um 1331/1343) in Paris BA 8224. Die Abschrift dieses Textes wird auf die Mitte des 14. Jahrhunderts datiert, also auf einen Zeitraum, da Seuses Werk kaum seine Verbreitung begonnen hatte. Es ergibt sich ein plausibler Gebrauchskontext: Die Anwesenheit deutscher Schreibhände macht deutlich, daß nicht allein die Texte, sondern auch die Textträger an sich in der "literarischen Infrastruktur" eine aktive Rolle hatten. Dabei scheinen jeweils die betreffenden Fertigungseinheiten an eine Gemeinschaft im deutschsprachigen Gebiet ausgeliehen worden zu sein. Die Abschriften, die um 1325 und 1350 in Brabant kopiert worden sind, wurden im Zeitraum zwischen 1350 und 1375 in einer deutschsprachigen Gemeinschaft mit Eintragungen versehen, und standen schließlich um 1400 wieder in einem niederländischen Kloster zur Verfügung (eventuell, um dann zu einer neuen Gebrauchseinheit zusammengefügt zu werden). Allerdings ist nochmals zu betonen, daß wohl nicht die Regulieren von Rookloster die Texte mit jener (unbekannten) Gemeinschaft ausgetauscht haben, da die deutschen Eintragungen auf einen Zeitraum vor der Einrichtung der Priorei festzusetzen sind. Jenen Kontakt zur deutschsprachigen Gemeinschaft unterhielt wohl der frühere Eigentümer der Handschriften. Die Frage nach diesem Eigentümer (bzw. Eigentümern) kann fürs erste noch nicht beantwortet werden, obwohl mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß der frühere Besitzer in Brüssel (dem niederländischen Zentrum der Austauschbewegungen) oder Umgebung zu suchen ist. Sicher ist, daß zwei der drei Fertigungseinheiten, die deutsche Vermerke in sich tragen, aus den Händen eines Brüsslers nach Rookloster gelangt sind, nämlich die Einheiten I und IV, die zusammengebunden mit II, III und V beim Eintreffen eine Gebrauchseinheit bildeten (vgl. dazu auch Kwakkel/Mulder (2001), S. 156-157). Als mögliche Vorbesitzer kommen der Buchhändler Godevaert de Bloc und das Karthäuserkloster Herne in Frage. Die Bücher könnten - wie schon gesagt - über den Laden von Godevaert de Bloc erworben worden sein, wobei sie unter Umständen bereits von einem privaten Besitzer aufgekauft worden waren. Es ist bekannt, daß Karthäuserklöster auch über Sprachgrenzen hinweg Schriften ausgetauscht haben; insofern ist das Kloster Herne eine weitere plausible Option. Die Karthäuser von Herne verfügten beispielsweise über die (bereits genannte) Abschrift von Seuses "Horologium" (Paris BA 8224), in den Beständen der Karthäuser von Zelem findet sich eine weitere Handschrift, die ebenfalls mit deutschen Einträgen versehen ist. (Vgl. Kwakkel (2002), S. 184-186) Um 1400 befanden sich in der Bibliothek von Rookloster aus dieser Handschrift folgende Teile: - die Gebrauchseinheiten 1 & 2 (d. h. die Fertigungseinheiten I-V (f. 1-79) und VI-VIII (f. 80-154)) mit mystischen und devotionalen Werken, tlw. von der Hand des Ferguut-Kopisten; - die Fertigungseinheiten XI (f. 164-171: Sankt-Alexius-Legende) und ein Teil von XII (f. 172-176/178: Sankt-Marinen-Legende; ein Ruusbroec-Exzerpt), von der Hand eines anderen, ebenfalls in Rookloster tätigen "lokalen Schreibers" (Kopist ζ). (Im Gegensatz zur Meinung de Vreeses sind die Heiligenlegenden und das darauffolgende Ruusbroec-Exzerpt von derselben Hand. Zunächst sind sie noch verschieden, ab f. 176v ist die Übereinstimmung aber unübersehbar, vgl. dazu Vreese, S. 662, sowie Kwakkel (2002), S.32.39-41.) |
ID der Handschrift: | 7475 |
Enthaltene Texte
Bibliographischer Teil
Katalog: | Gheyn, J. v.d., Catalogue des Manuscrits de la Bibliothèque Royale de Belgique, Tome 3: Théologie, Brüssel 1903, S. 434-436 (Nr. 2362). |
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Literatur: |
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Literatur zu enthaltenen Texten: |
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WWW-Ressourcen: | |
Abbildung/Reproduktion print: |
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Auswertender Teil
enthaltene Predigten: |
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Eingestellt am: 06. Mai 2013 14:03
Letzte Änderung: 10. Mär 2014 10:45
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